Steueränderungen zum Jahr 2022
15. Februar 2022Erleichterungen für private Ukraine-Hilfe in steuerlicher Hinsicht
30. März 2022Im streitgegenständlichen Fall hatte ein Ehepaar im Jahr 2008 ein Haus zu je ½ Miteigentumsanteil erworben. 2015 hatte sich das Ehepaar getrennt, die Scheidung war beabsichtigt. Der bereits im August 2015 ausgezogene Mann veräußerte im August 2017 seinen Miteigentumsanteil an die Frau.
Das Finanzgericht hatte die Frage zu entscheiden, ob die Veräußerung des Miteigentumsanteils als sogenanntes privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG steuerbar war. Dies hing maßgeblich davon ab, ob der Verkauf noch innerhalb oder bereits außerhalb der Spekulationsfrist von 10 Jahren erfolgte. Im Falle eines Verkaufs nach Ablauf der Spekulationsfrist wäre eine Veräußerung nicht steuerbar, vor Ablauf jedoch schon.
Der klagende Mann hatte argumentiert, gegen das Vorliegen eines privaten Veräußerungsgeschäfts spreche die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG. Danach werden solche Geschäfte nicht erfasst, bei denen es um Wirtschaftsgüter geht, die seit Anschaffung oder Herstellung entweder ausschließlich (also im ganzen Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung, egal wie lange der Zeitraum ist) oder zumindest in den beiden Jahren vor Veräußerung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Kinder werden nach § 32 EStG insoweit ebenfalls berücksichtigt. Der Kläger war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Nutzung durch seinen Sohn nach seinem Auszug einer Selbstnutzung gleichkomme und er daher das Haus im ganzen Zeitraum bewohnt habe. Somit greife die Ausnahme. Aufgrund dieser Annahme hatte der Berater des Klägers ihm zu dem vermeintlich steuerfreien Verkauf geraten.
Das zuständige Finanzamt hatte dagegen angenommen, dass die Ausnahmeregelung nicht anwendbar sei und den Verkauf als steuerpflichtig behandelt. Die Überlassung an ein Kind komme einer Selbstnutzung nicht gleich, wenn die Wohnung gleichzeitig der Ex- Frau überlassen werde.
Dem ist das Finanzgericht gefolgt. Der vollständigen Nutzung zwischen Anschaffung und Veräußerung stehe entgegen, dass der Kläger vor Veräußerung aus der Immobilie ausgezogen sei. Die Ausnahme nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG erfordere die Überlassung ausschließlich an das Kind. Dem stehe grundsätzlich die (Mit-)Überlassung an die (Ex-) Frau entgegen. Auch dem Argument des Klägers, er habe seinem Sohn zur ausschließlichen Nutzung seinen Miteigentumsanteil überlassen, während die Kindesmutter ihren Miteigentumsanteil nutze, wurde nicht gefolgt. So hat das Gericht ausgeführt, dass eine ausschließliche Überlassung an den Sohn erfordere, dass dieser den Miteigentumsanteil eigenständig nutze. Dies sei der Fall, wenn er einen eigenständigen Haushalt führe, was bei dem neunjährigen Sohn jedoch fern liege. Solche ein Fall liegt vielmehr vor in Konstellationen, in denen etwa einem alleinlebenden Kind im Studienort eine Wohnung überlassen werde. Im Ergebnis sei daher keine Eigennutzung im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG gegeben.
Konsequenz dessen ist, dass ein privates Veräußerungsgeschäft innerhalb der Spekulationsfrist vorlag, daher ist der Veräußerungsgewinn zu besteuern.
Ein solcher Fall ist in der Praxis keine Seltenheit. Der Wunsch, das bislang gemeinsam genutzte Eigenheim in Scheidungskonstellationen (gewinnbringend) zu veräußern, tritt durchaus häufiger auf. Das Urteil des FG München verdeutlicht, wie wichtig eine sorgfältige Prüfung und Vorbereitung der Veräußerung ist. Hätte der (Ex-) Ehemann entweder seinen Miteigentumsanteil früher (vor Auszug) veräußert oder länger das Eigenheim (mit-)bewohnt, wäre die Veräußerung steuerfrei erfolgt. Hätte er lediglich ein Jahr später verkauft, wäre die Spekulationsfrist von 10 Jahren abgelaufen gewesen. In beiden Konstellationen wäre der Veräußerungsgewinn nicht zu versteuern gewesen.
Wie so oft gilt auch hier: Frühzeitige und sorgfältige Beratung spart Geld und schützt Ihr Vermögen.
Ihr Team der BZG