Information zur Überbrückungshilfe II – Beihilferecht
15. Januar 2021Wichtige Hinweise zum Kurzarbeitergeld
22. Januar 2021Die Reform
Im Jahr 2005 hat der Gesetzgeber mit der Einführung des Alterseinkünftegesetzes die Besteuerung von Einkünften aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundlegend reformiert. Seitdem erfolgt eine schrittweise Etablierung des Systems der sog. nachgelagerten Rentenbesteuerung. Bis 2025 wird in der Ansparphase ein zunehmender Anteil der Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben steuerlich freigestellt und gleichzeitig in Abhängigkeit zum Jahr des Renteneintritts immer größere Teile der Rentenauszahlungen besteuert. Wer im Jahr 2040 seinen Ruhestand antritt, wird schließlich die gesamten Rentenzahlungen nach Abzug eines Freibetrages besteuern müssen.
Das Problem der Doppelbesteuerung
Kritiker sehen innerhalb dieser Übergangszeit die Gefahr einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung. Diese kann sich ergeben, soweit in der Einzahlungsphase aufgrund eines nur anteiligen Abzuges als Sonderausgaben, Beiträge zur Rentenversicherung aus bereits versteuertem Einkommen geleistet und dann in der Auszahlungsphase erneut besteuert werden.
Interessant wird die Frage der Doppelbesteuerung vor allem bei (zukünftigen) Neurentnern mit einem hohen steuerpflichtigen Anteil (sog. Besteuerungsanteil) der Rente. Betroffen sind insbesondere ehemals Selbstständige ohne steuerfreien Arbeitgeberbeitrag, aber auch Arbeitnehmer, wobei die Auswirkungen zunehmen, je näher der Rentenbeginn am Jahr 2040 liegt und je höher der Arbeitslohn in der Zeit vor 2005 war. Man muss sich dabei vor Augen führen, dass beispielsweise bei Rentenbeginn im Jahr 2040 die Bezüge voll steuerpflichtig, die hierfür eingezahlten Beiträge aber nur 15 Jahre lang (von 2025 bis 2039) voll als Sonderausgaben abzugsfähig sind.
Anhängige Verfahren vor dem Bundesfinanzhof
Der Bundesfinanzhof beschäftigt sich bereits jetzt in zwei Verfahren mit der Frage der Doppelbesteuerung von Renten. Es geht dabei im Kern darum, wann überhaupt eine Doppelbesteuerung bei Renten vorliegt und ob eine zweifache Belastung bis zu einer gewissen Bagatellgrenze hinzunehmen ist.
In einem der beiden anhängigen Verfahren war der Kläger während seines Erwerbslebens als angestellter und später als selbstständiger Zahnarzt tätig. Neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und dem zahnärztlichen Versorgungswerk hatte er mehrere private Rentenversicherungen abgeschlossen. Das Finanzgericht Kassel hatte in seinem Fall bereits eine Doppelbesteuerung festgestellt, diese aber als geringfügig angesehen. Gegen die Entscheidung des FG Kassel, das die Klage als unbegründet zurückgewiesen hatte, weil der entstandene Nachteil zu gering sei, als dass man hier von verfassungsrechtlichen Bedenken sprechen könnte, wendet sich der Kläger mit seiner Revision (BFH – X R 20/19).
In dem anderen Fall hatte der Kläger zunächst als Auszubildender, dann als Angestellter und später als Freiberufler in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt (BFH – X R 33/19). Das Gericht der ersten Instanz wies die Klage auch hier mangels Vorliegen einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung ab.
Urteile in den beiden Verfahren werden nach Aussage des Gerichts frühestens für den Frühjahr 2021 erwartet.
Hält der BFH die gegenwärtige Regelung für verfassungswidrig, wird er sie dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegen. Dadurch würde es zu einer erheblichen Verzögerung der Verfahren, aber auch einer Klärung der Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Normen, kommen.
Was Sie jetzt tun können
Gegen die Doppelbesteuerung von eingezahlten Rentenbeiträgen und darauf beruhenden Rentenzahlungen können Sie erst dann tätig werden, wenn Sie bereits eine gesetzliche Rente beziehen. Da Steuerbescheide insoweit ohne einen entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk ergehen, müssen Sie Ihre Rechte im Rechtsweg geltend machen.
Sollten Sie sich ebenfalls einer Doppelbesteuerung ausgesetzt sehen, da Sie nach dem Jahr 2004 erstmalig Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten haben, dann empfehlen wir Ihnen unter Wahrung der Rechtsbehelfsfrist (einen Monat) gegen den jüngsten Steuerbescheid Einspruch einzulegen und bei der Begründung auf eines der anhängigen Verfahren zu verweisen. Dies führt dazu, dass Ihr Einspruch bis zur Entscheidung der streitigen Rechtsfrage durch den BFH ruht und unter Berücksichtigung des ergehenden Urteils – gegebenenfalls zu Ihren Gunsten – entschieden wird.
Gerne unterstützen wir Sie hierbei!