Überbrückungshilfe III Plus – Anträge können bis zum Jahresende gestellt werden
11. Oktober 2021Der Ampel – Koalitionsvertrag steht – Ankündigungen zum Steuerrecht:
29. November 2021Ein Grundstück vor Veräußerung schenkweise an seine Kinder zu übertragen, sodass bei diesen der Veräußerungserlös anfällt und nach deren steuerlichen Verhältnissen zu versteuern ist, stellt keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar (BFH v. 23.04.2021, IX R 8/20; BFH/NV 2021, 1418).
Sachverhalt
Im Streitfall hatte die Klägerin (Mutter) im Jahr 2011 ein Grundstück erworben und dieses im Jahr 2012 an ihre beiden volljährigen Kinder, je zur Hälfte, übertragen. Am Tag der Schenkung veräußerten die Kinder das Grundstück mit einem Gewinn von € 97.591 weiter. Die Klägerin bahnte dabei den Verkauf an. Der Kaufpreis wurde je zur Hälfte an die beiden verkaufenden Kinder ausgezahlt. Da die Klägerin selbst höhere Einkünfte erzielte als ihre beiden Kinder, sollte die steuerliche Belastung des Gewinns so möglichst niedrig gehalten werden.
Bei der Erstellung ihrer Steuererklärung für das Jahr 2012 gab die Klägerin keine Veräußerungsgewinne (Privates Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 EStG) an. Das zuständige Finanzamt sah in der vorgenommenen Schenkung und der direkten Veräußerung jedoch einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO und war der Auffassung, der Veräußerungsgewinn sei durch die Klägerin zu versteuern. Gegen den entsprechenden Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, dieser hatte vor dem Finanzgericht Nürnberg jedoch keinen Erfolg (IX R 8/20).
BFH-Urteil
Auf die Revision der Klägerin gab der BFH der Klägerin Recht. Da nicht sie, sondern ihre beiden Kinder das Grundstück offiziell veräußerten, falle die Steuerlast auch bei diesen an. Die Tatsache, dass die Steuerlast durch die Schenkung deutlich verringert wurde, sei keine ausreichende Begründung um einen Gestaltungsmissbrauch festzustellen. Auch der Aspekt, dass die Klägerin den Großteil des Verkaufs organisierte und abschloss, war für die Richter kein Anlass, die Steuerschuld bei der Klägerin zu sehen.
Der BFH stellt insbesondere auch auf § 23 Abs.1 Satz 3 EStG als speziellere Missbrauchsverhinderungsvorschrift ab, welche der allgemeinen Vorschrift des § 42 AO nach § 42 (1) S. 2 AO vorgeht. Nach § 23 (1) S. 3 EStG ist dem Einzelrechtsnachfolger für die Zwecke des § 23 EStG im Fall des unentgeltlichen Erwerbs die Anschaffung des Wirtschaftsguts durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen. Das bedeutet, dass der Beschenkte die Zehnjahresfrist des § 23 EStG des Schenkers fortführt. Der IX. Senat des BFH führte daneben aus, dass keine unüblichen Vereinbarungen festgestellt wurden, die auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten würden.
Fazit
Der BFH führt anknüpfend an seine ständige Rechtsprechung aus, dass es einem Steuerpflichtigen nicht verwehrt sei, die rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringere steuerliche Belastung ergebe. Dies ist aus Sicht der Praxis eindeutig zu begrüßen.
Soll ein Grundstück vor Ablauf der Zehnjahresfrist aus dem Privatvermögen veräußert werden, kann eine solche Gestaltung genutzt werden, um die personenübergreifende Steuerbelastung (Betrachtung der gesamten Familie) zu senken. Auch vor dem Hintergrund des gewerblichen Grundstückshandels (Stichwort Zählobjekt) kann eine solche Schenkung angeraten sein.
Zu beachten ist, dass der BFH § 23 (1) S. 3 EStG als Spezialnorm herangezogen hat. Ist § 23 (1) S. 3 EStG nicht einschlägig, kann dies zu einer abweichenden Wertung führen.
Sprechen Sie uns gerne an, wenn eine solche Gestaltung für Sie in Frage kommt oder Sie weitere Informationen wünschen!
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