E-Rechnungen – Wichtige Informationen zur notwendigen Umstellung
1. August 2024Dem Mietrecht kommt in Deutschland eine große praktische Bedeutung zu, lebt doch im Mieterland Nr. 1 der EU mehr als die Hälfte der Bevölkerung zur Miete[1]. Daneben wird der Erwerb von Immobilien und deren Vermietung vielfach zum Vermögensaufbau oder zur finanziellen Altersabsicherung genutzt. Daher ist es kaum verwunderlich, dass die Rechtsprechung in diesem Gebiet äußert umfangreich ist.
Dies möchten wir zum Anlass nehmen, Ihnen einige besonders praxisrelevante Entscheidungen aus der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) vorzustellen.
Ist die Kaution wirklich weg?
In seinem Urteil vom 10.07.2024 (Az. VIII ZR 184/23) entschied der BGH über die Möglichkeit der Verrechnung von Kautionsrückzahlungsansprüchen mit Schäden an der Mietsache, auch nach der kurzen sechsmonatigen Verjährungsfrist im Mietrecht.
Zu urteilen hatte der BGH über folgenden Fall: Nachdem das Mietverhältnis der Streitparteien beendet und mehr als sechs Monate verstrichen waren, forderte die ehemalige Mieterin ihre Kaution vom Vermieter zurück. Der Vermieter rechnete dagegen mit Schadensersatzforderungen wegen Schäden an der Wohnung auf.
Nach der Auffassung des BGH sei Zweck der Kaution, dem Vermieter nach dem Ende des Mietvertrags eine Sicherheit für etwaige Beschädigungen zu bieten. Auch nach Ablauf der kurzen, sechsmonatigen Verjährungsfrist können Schadenersatzansprüche des Vermieters mit Kautionsrückforderungsansprüchen des Mieters verrechnet werden.
Dies stärkt die Position des Vermieters bei nachträglichen Auseinandersetzungen
Neuigkeiten bei der „Eigenbedarfskündigung“
Der Vermieter kann ein Mietverhältnis kündigen, wenn er die Wohnräume für sich oder seine Familienangehörige benötigt (sog. Eigenbedarf). Immer wieder ist in solchen Fällen Streitpunkt zwischen Vermieter und Mieter, für welchen Personenkreis der Vermieter „Eigenbedarf“ anmelden kann. So auch in dem aktuellen BGH-Urteil vom 10.07.2024 (Az. VIII ZR 276/23): Dort war eine Mietwohnung durch eine Personengesellschaft erworben worden, deren Gesellschafter Cousins waren.
Während die Vorinstanzen in dieser Konstellation noch davon ausgegangen waren, dass die Familienangehörigeneigenschaft gegeben sei, legt der BGH ein enges Verständnis an den Tag: Der Begriff der „Familie“ und des „Familienangehörigen“ sei aufgrund des sozialen Mietrechts einschränkend auszulegen. Unter Rückgriff auf das Leitbild des gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrechts von Familienmitgliedern vor Gericht schloss der BGH: Cousins gehören nicht zum privilegierten Personenkreis – eine Eigenbedarfskündigung ist im Fall damit ausgeschlossen.
Sollten Sie eine Eigenbedarfskündigung aussprechen wollen oder von einer Eigenbedarfskündigung betroffen sein, ist daher ein besonderes Augenmerk auf den insoweit privilegierten Personenkreis zu richten. Ansonsten besteht die Möglichkeit, dass die Eigenbedarfskündigung nicht durchgreift.
Kostenparadoxon im Wohnungseigentumsrecht
Auf den ersten Blick verwunderlich erscheint das Urteil des BGH vom 19.07.2024 (V ZR 139/23), in welchem es um die Verteilung von Gerichtskosten im Wohnungseigentumsrecht ging. Bekanntermaßen gilt im Zivilprozess: Wer einen Gerichtsprozess gewinnt, braucht dessen Kosten nicht zu tragen. Das leuchtet ein und entspricht dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden. Im Wohnungseigentumsrecht soll, so der BGH, jedoch etwas anderes gelten.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die klagenden Wohnungseigentümer hatten einen Beschluss der übrigen Eigentümer erfolgreich gerichtlich angegriffen. Die unterlegene Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss daraufhin, die der Gemeinschaft auferlegten Kosten durch eine für alle Mitglieder – somit auch die Kläger, die eben Teil der Eigentümergemeinschaft sind – geltende Sonderumlage zu stemmen.
Dass auch Prozessgewinner (anteilig) die Prozesskosten zu tragen haben, bestätigte jetzt der BGH: Hatten die Vorinstanzen noch die Umlage der Gerichtskosten als Widerspruch zur ordnungsgemäßen Verwaltung verworfen, hielt der BGB diese aufrecht. Beschlussklagen seien nicht gegen die übrigen Eigentümer, sondern immer gegen die Gemeinschaft, also auch die klagenden Miteigentümer, gerichtet. Daran ändere auch die Parteistellung einzelner Eigentümer nichts. Zwar können die Eigentümer eine abweichende Kostenaufteilung im Falle der Anfechtung eines Beschlusses durch einen Miteigentümer festlegen. Eine solche gesonderte Kostenaufteilung gab es bei der Beschlussfassung über die Sonderumlage aber nicht.
Dieser Fall zeigt: Ein gerichtliches Obsiegen kann dennoch, zumindest indirekt, für den Wohnungseigentümer ein anteiliges kostentechnisches Unterliegen bedeuten.
Zusammenfassung
Wie die vorgestellten Urteile zeigen, weisen Miet- und Wohnungseigentumsrecht Fallstricke mit erheblichen (kostspieligen) Konsequenzen auf. Alle Beteiligte sind daher gut beraten, mit Weitsicht und Vorsicht zu agieren.
Bei Fragen unterstützen wir Sie gerne!
[1] https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Soziales-Lebensbedingungen/Mieteranteil.html#:~:text=Deutschland%20ist%20das%20Mieterland%20Nummer,h%C3%B6chste%20Wert%20in%20der%20EU%20 (Abruf 24.07.2024).