
Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH – sozialversicherungsrechtlich selbstständig? Verschärfung der Rechtsprechung oder Ausreißer des Sozialgericht Neubrandenburg v. 10.09.2024 (Az. S 7 BA 7/23)?
13. Februar 2025
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5. März 2025Neben der familieninternen Nachfolge steht vermehrt die Einbindung von langjährigen Führungskräften im Fokus der Unternehmensnachfolge. Die Einbindung leitender Führungskräfte wird häufig gewählt, um den Fortbestand und die Weiterentwicklung des Unternehmens durch die vorhandene Fachkompetenz zu sichern.
Im Rahmen der Einbindung leitender Führungskräfte stellt sich jedoch die Frage, ob die unentgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen als Arbeitslohn und damit lohnsteuerpflichtiger Vorgang zu qualifizieren ist. Dies würde zu einer hohen steuerlichen Belastung führen.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20.11.2024, VI R 21/22 hat sich mit dieser Frage befasst und stellt klar, dass es für die Beurteilung stets einer Würdigung der Gesamtumstände bedarf. Der BFH hat sich in der genannten Entscheidung dem vorangegangenen Urteil des FG Sachsen-Anhalt (Urt. v. 27.04.2022 3 K 161/21) angeschlossen und die Übertragung in dem konkreten Sachverhalt nicht als Arbeitslohn qualifiziert, sondern als Bestandsteil der unternehmerischen Nachfolgeplanung.
Hintergrund der Entscheidung war folgender Sachverhalt:
Die Gesellschafter einer GmbH übertrugen im Rahmen der Unternehmensnachfolge Anteile auf ihre Führungskräfte. Im Protokoll der diesbezüglichen vorherigen Gesellschafterversammlung wurde festgehalten, dass Intention der persönlichen Einbindung der Führungskräfte insbesondere die Sicherstellung des zukünftigen Erfolges sowie die Fortführung der Gesellschaft sei. Die Übertragung war weder an Bedingungen noch Beschränkungen oder an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft. In dem Übertragungsvertrag wurde eine steuerlichen Rückfallklausel aufgenommen, wonach der Veräußerer berechtigt sein sollte, die Rückübertragung des Anteils zu verlangen, falls das zuständige Finanzamt die steuerliche Verschonung nach §§ 13a, 13b, 19a des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) nicht gewähre oder gemäß § 13a Abs. 5 ErbStG zum Nachteil des Erwerbers ändere.
Gründe der Entscheidung des BFH:
Der BFH hat zunächst klargestellt, dass Arbeitslohn neben regulären Gehältern auch geldwerte Vorteile umfasst, sofern sie „für“ eine Beschäftigung gewährt werden (vgl. §§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 S. 2, 8 Abs. 1 S. 1 EStG). Bei der Übertragung von Anteilen liegt der geldwerte Vorteil nicht in der Beteiligung selbst, sondern in einer möglichen Verbilligung. Erfolgt die Übertragung zum Marktwert, fehlt es an einem geldwerten Vorteil (vgl. Senatsurteil v. 14.12.2023 – VI R 1/21, BStBl II 2024, 387, Rz. 22, m.w.N.).
Damit eine Anteilsübertragung als Arbeitslohn gilt, muss sie durch das Dienstverhältnis veranlasst sein. Dies ist der Fall, wenn der Vorteil im Zusammenhang mit der individuellen Arbeitsleistung steht – unabhängig davon, ob er direkt vom Arbeitgeber oder von Dritten gewährt wird. Entscheidend ist eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände.
Im konkreten Fall erfolgte die Anteilsübertragung primär zur Unternehmensnachfolge und war nicht an eine Arbeitsleistung gekoppelt. Dies wurde im Vertrag (unter anderem durch eine erbschaftsteuerliche Rückfallklausel) und den Protokollen zur Gesellschafterversammlung deutlich. Weiterhin diente die Übertragung weder als Entlohnung für erbrachte oder künftige Leistungen, noch bestand eine Abhängigkeit vom Arbeitsverhältnis. Zudem bestand kein angemessenes Verhältnis zwischen dem Vorteil und dem Arbeitslohn. Daher sah das Gericht in der unentgeltlichen Übertragung keinen Arbeitslohn.
Fazit:
Damit die Anteilsübertragung nicht als Arbeitslohn gewertet wird, darf Sie nicht als Gegenleistung für eine Arbeitsleistung gewährt werden. Die Gesamtwürdigung der objektiven Umstände muss ergeben, dass die Übertragung im Rahmen der Nachfolgeplanung erfolgen soll. Um steuerliche Risiken zu minimieren, sollte die Motivation der Übertragung vertraglich sowie durch Protokolle der Gesellschafterversammlung dokumentiert werden. Wird die Anteilsübertragung als Bestandteil der unternehmerischen Nachfolgeplanung vorgenommen, kann die steuerliche Verschonung nach §§ 13a, 13b, 19a ErbStG greifen, sodass die Übertragung einkommenssteuerfrei und unter Nutzung der Schenkungssteuerverschonungen erfolgen kann.
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