Das HafenNetz
26. Juli 20216% Steuerzinsen sind verfassungswidrig
27. September 2021Ausgangslage
Bei der Ermittlung der steuerbaren Einkünfte für Zwecke der Körperschaftsteuer sind nach § 8 KStG die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes heranzuziehen, wobei das Körperschaftsteuergesetz einige Sonderregeln statuiert. So sind nach § 8b KStG etwa an sich steuerbare Erträge (Ausschüttungen) aus Gesellschaftsbeteiligungen steuerfrei. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres mindestens 10 % betrug (§ 8b IV KStG).
§ 8b IV S. 6 KStG
Für die Feststellung einer solchen Beteiligung zu Anfang des Kalenderjahres gibt Satz 6 des Absatzes 4 eine Vereinfachungsregelung vor: Beteiligungen, die während des Kalenderjahres erworben wurden und mindestens 10% betragen, werden so behandelt, als hätten sie schon zu Anfang des Kalenderjahres bestanden. Damit sind Bezüge aus solchen Beteiligungen ebenfalls steuerfrei.
Unterjährige mehraktige Erwerbsvorgänge
In dem vom hessischen Finanzgericht zu entscheiden Fall ging es um die Frage, ob von der oben beschriebenen Regelung des § 8b IV S. 6 KStG auch Fälle erfasst sind, bei denen eine Beteiligung von mindestens 10% nicht in einem Vorgang, aber in mehreren Vorgängen insgesamt während des Kalenderjahres erworben werden. Dies hatte das Finanzamt für nicht ausreichend angesehen und daher die Steuererleichterung des § 8b IV S. 6 KStG verneint.
Das hessische Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt und entschied, dass ein solcher Fall auch unter die Regelung des § 8b IV S. 6 KStG falle. Nach Auslegung der Begriffe „Beteiligung“ und „Erwerb“ gehe es letztlich um die „ideelle Summe der gesellschaftsrechtlichen Berechtigungen (…)“. Denn unter „Erwerb“ im Sinne der Regelung seien alle Vorgänge innerhalb eines Kalenderjahres zu verstehen, die zum Entstehen einer solchen Beteiligung führten.
Ergebnis
Nach den Ausführungen des Finanzgerichts fallen auch solche Erwerbsvorgänge unter die Steuerbefreiung nach § 8b I S. 1, IV S. 6 KStG, die während eines Kalenderjahres insgesamt zu einer 10%-Beteiligung (oder mehr) führen. Diese Auffassung ist für Steuerpflichtige günstig und kann in entsprechenden Fällen gegenüber der Finanzverwaltung angeführt werden. Das FG Hessen hat die Revision zum BFH wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Revision der Finanzverwaltung gegen das Urteil ist anhängig, es steht also eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (Az. I R 16/21) zu dieser Frage aus.
Zu beachten ist, dass die Entscheidung ausschließlich zum körperschaftssteuerlichen „Schachtelprivileg“ erging. Die Mindestbeteiligungshöhe beträgt für eine Gewerbesteuerfreiheit von Beteiligungserträgen 15 %, nicht 10 %, § 9 Nr. 2a GewStG. Im entschiedenen Fall lag die erworbene Beteiligung bei 12,94 %, sodass eine Gewerbesteuerbefreiung unstreitig mangels Erreichen der Mindestbeteiligungsquote nicht vorlag, § 8 Nr. 5 GewStG, § 9 Nr. 2a GewStG.